bis zum 08.06.03

Jeden Tag muß ich zu diesem Tresen und Fieber messen. Mir scheint, daß es eigentlich keinen so richtig interessiert. Nils meinte, daß er immer eine sehr hohe Temperatur hat und oft sogar über 37°C liegt. Meine Temperatur ist fast immer bei 36.4.

Letzte Woche waren wir einmal bei einem Mongolen essen. Es gab Hammelfleisch und ein paar andere seltsame, aber doch schmackhafte Sachen. Interessanter war das Ambiente. Am Tisch neben uns saßen die Nachbarn im Pyjama, ein Ochsenschädel an der Wand hatte ein Tuch über dem Kopf hängen, im Fernseher liefen mongolische Karaokelieder mit Text. Die Kellner sahen absolut nicht wie die Shanghaichinesen aus.

Später gingen wir noch durch ein paar Straßen, wo wir dann auch dieses kleine Restaurant sahen:

Solche Restaurants sind hier nichts ungewöhnliches und auch unter hygienischen Aspekten dürften die meisten Sachen nicht so sehr bedenklich sein. Normalerweise werden die Zutaten direkt auf der Straße frisch gekauft, dann auf einem kleinen Tisch auf der Straße oder in so einer Ecke zubereitet und dann direkt gekocht.

Auf Rohkost sollte man aber dennoch verzichten.

Ein Kracher war auch diese Suppenküche:

Auf dem Kühlschrank steht ein uralter Schwarzweißfernseher und obendrauf liegt ein VCD-Player samt Lautsprechern. So sahen wir den aktuellen Jackie-Chan-Film in schwarz-weiß! Hinter dieser Gardine war wahrscheinlich der Wohnraum der Wirtsfamilie.

In diesen Buden wird man für knapp 50 Cent immer satt und gut schmeckt das Essen auch noch. Allerdings sollte man Tücher mitnehmen, da Tische und Stühle oft nicht sehr sauber sind.

In diesen Straßen wundere ich mich immer wieder, daß aus den verwinkelsten und anscheinend schmutzigsten Ecken, aus absolut winzigen und armseligen Bruchbuden wunderhübsche Frauen und auch Männer in feinstem Zwirn hervorkommen.

In absolut zeltplatzartigen Bruchbuden leben Menschen, bei denen ich Autos oder Häuser kaufen würde, wenn ich denn Geld hätte.

Gestern sahen wir, daß sich eine alte Dame in einem Waschbecken auf der Straße mit einem selbst für westliche Verhältnisse sehr teurem Haarwaschmittel die Haare gewaschen hat.

Da sind wir an einem Punkt, wo ich viele Chinesen nicht verstehe. Einerseits schwelgen einige Leute im Luxus, haben DVD-Player, große Fernseher, das aktuellste Handy, die besten und schönsten Klamotten und gehen schön essen, aber leben mit ganzen Familien in winzigen Bruchbuden, wogegen die Garage meiner Eltern eine Luxusherberge ist. Allerdings kann man diesen Behausungen eine gewisse Gemütlichkeit nicht absprechen.

Ich würde gerne mal so eine Wohnung näher besichtigen, jedoch möchte ich niemanden stören und auch niemanden zu nahe treten. Auch deshalb lasse ich meine Kamera in der Tasche, wenn ich durch solche Gassen gehe.

In der Nähe dieser Gassen entdeckten wir die "Kommune", ein Café, das in Hinterhöfen versteckt ist. Zum ersten Mal seit langem hörte man keine Autos und auch die Hochhäuser konnte man kaum sehen. Die Bedienung war sehr freundlich und so setzen Nils und ich uns zu der Gruppe, die die Freunde der Kellnerinnen waren. Der Innenhof ähnelte einem renovierten chinesischem Dorf, wie man es sich vorstellt. Die Kellnerin bot mir an, daß ich mich auf das Dach legen könne, um dort etwas zu trinken und die Sterne zu genießen.

Am Wochenende war wieder Zeit für den Park.

Da Nils und ich bereits des öfteren von unseren chinesischen Freunden eingeladen wurden, waren wir dieses mal an der Reihe. So trafen wir uns in der Innenstadt, um gemeinsam zum Milleniumpark nach Pudong zu fahren. In diesem Park waren wir zwar bereits zwei mal, jedoch liegt er verkehrsgünstig und er bietet auch viele Sehenswürdigkeiten (für Chinesen).

Alleine der Weg zum Park war recht lustig, denn ich hatte meine Gitarre in meinem Rucksack. Ich würde meinen, daß eine Langnase mit einer Kindergitarre auf dem Rücken nichts Alltägliches in Shanghai ist. 

Wir hatten uns vorher mit etwas Wein, Kuchen, Keksen, Weintrauben und anderen Früchten eingedeckt und so gingen wir dann in den Park.

Ich machte ein paar Aufnahmen, aus denen ich dann ein Panoramabild zusammenflickte:

Später luden Nils und ich unsere Freunde zum Essen ein.

Am Sonntag waren wir im "Lu Xun Park". Lu Xun war ein Schriftsteller, dem hier gehuldigt wird.

Das "Lu Xun Museum" ist sehr groß und auch relativ informativ. Erstaunt waren wir, als wir immer wieder den Namen von Käthe Kollwitz lasen. 

Ich kaufte mir für einen Euro eine Sammlung von Kurzgeschichten und Gedichten. Lu Xun wird in diesem Buch "Lu Hsün" geschrieben, was der Aussprache dieses Namens sehr nahe kommt.

Als wir aus dem Museum kamen, erwartete uns der absolute Kulturschock. In dem Park probte ein Chor, der von einem Akkordeon begleitet wurde. Der Akkordeonspieler sprang auf, als er uns sah, rannte begeistert zu uns und lud uns zum Singen ein. 

Wir mußten freundlich ablehnen, aber das war erst der Anfang.

In diesem Park waren noch viele andere Musikgruppen, die auf klassischen Instrumenten bis hin zu Benzinkanistern Musik machten. 

Dazu gab es noch Sportgruppen, Tai Ji Gruppen, es wurde Badminton gespielt und einige tanzten Walzer.

Dieser Park grenzt an diesem Fußballstadion und auch in diesem Fußballstadion wurde Walzer getanzt. Nachdem ich dieses Foto gemacht hatte, ging ich wieder zu unserer Gruppe. Ihnen waren bereits Stühle angeboten worden und so saßen sie in der ersten Reihe bei einer orientalischen Musik- und Tanzshow.

Nils und Nina wurden auf die Bühne gezogen, als das Orchester mit einer orientalischen Version von "Jingle Bells" begannen.

Wie paßt so etwas zusammen? Ein amerikanisches Weihnachtslied, arabisch/orientalisch gespielt. Aufgeführt mitten im Sommer. Das ganze in China von Chinesen und Deutschen. 

Viele waren anscheinend mehr an uns, als an der Musik interessiert. Lediglich ein Mann, der Radschläge machte, konnte mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen.

Die Stimmung hier war absolut ansteckend.

Später gingen wir noch durch die angrenzenden Straßen und Gassen.

Dort habe ich auch diesen kleinen Bücherwurm gesehen.

 

 

Dann noch etwas zu der Technikliebe der Chinesen:

Das hier ist ein normaler Münzfernsprecher.

 

Auch Telefone machen hier einen Höllenlärm, um auf sich aufmerksam zu machen.

Irgendwie scheint auch der Hochzeitsmarsch sehr beliebt zu sein, zumindest spielen viele solcher Geräte immer wieder dieses Lied.

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