Betriebsfahrt

Ich wollte wieder so viel schreiben, aber mir fehlte einfach die Zeit dazu. In der Woche war ich natürlich immer bei der Arbeit. Zwei mal pro Woche haben wir Chinesischunterricht und dann trafen wir uns noch gelegentlich mit den Mädels. Um so erfreulicher war es für mich, daß ich am Freitag mit meinen Kollegen ausgegehen konnte. Zunächst sind wir wieder unglaublich lecker essen gegangen und dann ging es in die Skihalle von Shanghai. Na, Richtig toll war die nicht, aber immerhin konnte ich in diesem Jahr doch noch mal snowboarden.

Eigentlich war nur der unterste Teil dieses insgesamt schon winzigen Hügels geöffnet, aber da man da unten praktisch nur mit Langlaufskiern vorwärts kam, mußten wir immer mit dem Snowboard unter dem Arm ganz hoch auf den Berg stiefeln (klettern kann man das nicht nennen). Hier oben war es wenigstens halbwegs steil und man konnte ein paar Schwünge fahren und auf einer kleinen Rampe ein paar Sprünge üben. 

Später gingen wir in eine Karaokebar, in der wir dann auch Nils trafen, der nicht mit zum Snowboarden wollte.

Die Karaokebar ist einfach riesig und es gibt bestimmt 50 mittelgroße, recht luxuriös ausgestattete Räume.

Hier geben Nils und ich übrigens Easy von Lionel Richie oder vielleicht auch Stand by me von Ben E. King zum Besten.

Die Musikauswahl war natürlich etwas eingeschränkt. Chinesische Lieder gab es natürlich in Hülle und Fülle und die Videos dazu entlockten Nils und mir schon das eine oder andere Schmunzeln. Ansonsten gab es Hits von Frank Sinatra, den Eagles, Lionel Richie aber auch einige One-Hit-Wonder aus den 80ern und den frühen 90ern. Wir mußten die Gruppe allerdings schon so gegen Mitternacht verlassen, da wir für den Samstag mit den Mädels am Bahnhof verabredet waren, denn wir wollten nach Suzhou.

 

Fahrt nach Suzhou

Suzhou, auch genannt, Venedig des Ostens (Dabei ist Suzhou viele hundert Jahre älter als Venedig) oder Stadt der Tausend Gärten (gab es bestimmt mal) ist eine malerische Kleinstadt mit der Größe Kölns (ca. 1,1 Millionen Einwohner).

Vor allem wegen der Gärten waren wir nach Suzhou gekommen, denn wir mußten endlich aus dem Shanghaier Stadtgetümmel raus.

Zunächst gab es erneut ein sehr leckeres Frühstück (Die wollten uns dauernd die Schlangen andrehen, die im Erdgeschoß in Käfigen ausgestellt waren) und dann begaben wir uns zur großen Pagode mitten in der Innenstadt.

Unser Glück war, daß Regen angesagt war und es tatsächlich auch morgens heftig geregnet hatte, so waren wir an diesem Tag für chinesische Verhältnisse fast allein unterwegs.

Die Gärten sind hier wirklich zum Wohlfühlen. Es wurden richtige Landschaften mit Flüssen und Seen im Miniaturformat nachgebildet. Der letzte Garten ähnelte sehr dem Garten, den wir in Tong Li besichtigt hatten.

Zu den verschiedenen Gärten kommt man am besten mit den Rikschas, die hier überall herumfahren, aber Obacht, die Fahrer haben anscheinend gelegentlich kein Wechselgeld und hauen mit 20 Yuan (anstatt 10) einfach ab, wenn man nicht passend geben kann. Naja, 20 Yuan sind 2,50 Euro und dafür hatte der Mann hier rechts im Bilde auch Nils und mich etliche Kilometer befördert. In der Rikscha in der Mitte sitzt übrigens Nina, die uns ebenfalls durch das kleine Heckfenster ablichtete.

Nicht so erfreulich in China sind oft die Toiletten und links sehen wir kein Pissoir, sondern eine chinesische Normtoilette. Diese Toiletten sind nicht abschließbar und da die Wand eh nur gerade mal einen Meter hoch ist, ist das Abschließen auch garnicht nötig. Klopapier gab es natürlich auch nicht.

Ebenfalls nicht erfreulich ist, daß wir hier immer wieder von SARS hören und uns darauf einstellen mußten. Das Schlimmste ist, daß man nichts genaues weiß und bis das anders ist, reißen wir uns überall etwas zusammen.

Unter diesen Masken bekommt man wirklich nur ganz schlecht Luft, die Brille beschlägt dauernd, und unbequem ist es auch. Wenn die am Flughafen wirklich Wärmebildkameras aufbauen, um die Menschen zu untersuchen, wird bestimmt jeder mit so einer Maske rausgewunken, weil es einem unglaublich warm darunter wird. Zu SARS werde ich aber später noch eine ganze Menge schreiben.

 

Das "Ghetto"

Erst einmal kommt nämlich noch der Sonntag, den wir bei den Mädels im "Ghetto" verbrachten. Ghetto deshalb, weil der Unicampus, auf dem die Mädels leben wirklich weit außerhalb liegt. Eine Fahrt mit dem Taxi in die Innenstadt dauert rund 30 Minuten, mit dem Bus entsprechend länger, allerdings kostet eine Busfahrt nur einen oder zwei Yuan, je nachdem ob man einen Bus mit Klimaanlage hat oder nicht. Ich würde in Deutschland auch gerne mal in 40 Minuten eine so lange Strecke zurücklegen und dafür gerade mal 20 Pfennig bezahlen.

Auf dem Stadtplan sieht es so aus, als würde ein Park direkt am Huangpu liegen, aber wir konnten von dem Park aus gerade einmal auf ein paar Kräne schauen. In dem Park sprach uns ein steinalter Mann mit gutem Englisch an und so unterhielten wir uns ein wenig. Er schwärmte von der deutschen Technik, denn Siemens ist die beste Computerfirma der Welt und dieser fliegende Zug kommt ja auch aus Deutschland.

Der Campus ist übrigens sehr schön und im Gegensatz zu unserem Campus in der Innenstadt auch unglaublich ruhig. Aus den Fenstern sieht man Bäume und Straßenlärm ist auch kaum zu vernehmen. Wie laut es bei uns zu Hause ist, fällt einem erst auf, wenn man sich im Zimmer nicht mehr anschreien muß, um sich zu unterhalten.

 

Die Arbeit und die Woche

In der Woche arbeitete ich weiter an dem Teststand für die elektromagnetische Verträglichkeisprüfung für Rad-Sensoren. Da nach gut 4 Wochen nach Auftragsstellung noch nicht einmal mit der Fertigung begonnen wurde, quartierte ich mich in der Schlosserei ein und trat den Leuten hier etwas auf die Füße. Etwas Schokolade, ein paar nette Sprüche und vor allem auch eigenes Anpacken brachte zeitweise drei Arbeiter gleichzeitig dazu, für mich zu arbeiten.

Besonders wurden auch meine Versuche, Chinesisch zu sprechen honoriert und so hatte auch niemand der Mitarbeiter Angst, ein paar verkrüppelte Sätze auf Englisch herauszubringen, was die Verständigung stark verbessert. Nach kurzer Zeit kamen wir ohne Übersetzer aus und konnten uns anhand der Zeichnungen gut orientieren. Was niemand verstand, machte ich dann eben selbst. Der Schlossermeister war anscheinend so begeistert, daß er mir in der kommenden Zeit den Umgang mit der riesigen Fräse und der großen, 30 Jahre alten chinesischen Drehmaschine beibringen möchte. Dieses Angebot nehme ich gerne an, denn ich habe noch viele Bauteile, die hergestellt werden müssen. Ich will auch nicht immer mehrere Wochen warten, bis ich hier weiter machen kann, denn ich habe auch noch eine Studienarbeit zu schreiben. Das Ergebnis zweier Tage in der Schlosserei ist ein gut funktionierendes Simulationsmodell eines Signalrads mit Sensorhalterungen für verschiedenste Sensoren. Eine Kleinigkeit stört mich noch sehr, aber die werde ich beheben, sobald ich mich mit der uralten Drehmaschine ausreichend gut umgehen kann.

 

Auto Expo Shanghai

Des Weiteren stand noch ein Besuch bei der Auto-Expo-Shanghai auf dem Plan. 

Ich fuhr mit der Metro zum Messegelände, wo ich einige Kollegen traf. Als Vorsichtsmaßnahme trugen wir alle Masken, da wir an diesem Tag richtig unter Menschen sollten.

Wir diskutierten sogar, ob wir überhaupt reingehen sollten, da am Tag davor ein SARS-Infizierter auf dem Messegelände "gefunden" wurde. Im gleichen Atemzug wurde erwähnt, daß diese Messe nach nur 5 Tagen und nicht 10 Tagen geschlossen wird, um eine weitere Ausbreitung dieser Seuche zu verhindern. Am Eingang sahen wir dann auch noch relativ versteckt dieses Hinweisschild und viel braucht man dazu ja nicht mehr zu schreiben.

Die Autoshow war aber trotzdem recht interessant, auch wenn hauptsächlich Autos vorgestellt wurden, die sich in Europa nicht so sehr von der Masse abheben. Für mich waren lediglich die Chinesischen Fabrikate und ein paar Prototypen interessant. Für China ist es vielleicht etwas besonderes, aber Mercedes, BMWs, selbst Ferraris sieht man schon mal auf deutschen Straßen. 

Auch hier galt bei der Präsentation der Autos, daß Lautstärke und Lärm durch nichts zu ersetzen ist, es sei denn, durch noch mehr Lärm.

Die Show von Ford animierte mich eher zum weglaufen, Opel, beziehungsweise Shanghai GM interessiert mich da auch nicht so sehr, allerdings sah man auch einige interessante Exemplare wie dieses Prototyp von GM.

Ansonsten waren noch die Formel 1 Renner der letzten Saison und einige Rallyeautos ausgestellt.

Dann gab es noch eine ganze Halle, in der Zulieferbetriebe ausstellten und man mag es kaum glauben, aber abgesehen von den Musikanlagenproduzenten waren fast ausschließlich deutsche Aussteller vor Ort. Mit dem folgenden Bild möchte ich dabei auch noch einmal einen Gruß nach Dringenberg ausrichten.

Continental hatte ebenfalls einen großen Stand direkt gegenüber Hella und da war auch der Stand von SABS integriert. Es gab ein Modell der aktuellen Bremssysteme und parallel dazu ein Modell der Bremssysteme in der nahen Zukunft. Später ging ich noch zu einem Vortrag über die aktuellen Bremssysteme und die Bremssysteme der Zukunft. Der Vortrag war sehr interessant, jedoch wurde er leider vom Shanghai GM und vom Fordstand gelegentlich etwas übertönt.

 

Wieder SARS,...

Später traf ich mich mit Constanze und Nina, um endlich den ersten Mai zu verplanen. So trafen wir uns bei einem Reisebüro, was mich wieder zum Thema SARS bringt. Wir hatten bereits Flüge und eine Unterkunft gebucht, jedoch wurden etliche Flüge gestrichen und die Mädels dürfen nicht mehr an der Uni unterrichten, wenn sie über den ersten Mai verreisen. Also haben wir wieder keinen Plan für die Maifeiertage. Ich halte es für gefährlicher, die ganze Zeit unter den Menschen in der Stadt zu sein, als in Tsingdao am Stand zu liegen, oder auf einen Berg zu klettern, aber mich fragt hier ja niemand.

Bis vor kurzem war hier überall von SARS noch keine Rede, niemand wußte etwas und alles wurde heruntergespielt. Am letzten Wochenende kam aber der große Knall. Der Staatschef Wen Jiabao hat den Gesundheitsminister und den Bürgermeister von Peking entlassen. Gleichzeitig wurde ein Gesetz in Kraft gesetzt, das jeden verpflichtet, bekannte SARS Fälle zu melden. So wurden mit einem Schlag etliche Infektionsfälle und Todesfälle in Peking gemeldet. Die Brückentage der Maiwoche wurden gestrichen und ich habe gehört, daß nur noch Geschäftsreisen erlaubt sein sollen. Viele Menschen sind beunruhigt und da vorher kaum jemand etwas von SARS gehört hat und niemand richtig informiert ist, keimen die seltsamsten Gerüchte. (Hat jemand noch etwas Rettich, Knoblauch oder einen Essiginhalator für mich?) Außerdem gab es diesen großen Sprung von Verschweigen der Tatsachen zum blinden Aktionismus. Was in Peking gerade abgeht, dürfte überall bekannt sein. Heute wurde in der Mittagspause unser Büro desinfiziert. Alles riecht nach Desinektionsmittel und die Türklinken sind schmierig. Vitaminpräparate gab es ja schon vor zwei Wochen, Masken vor einer. Ein Englischlehrer hatte sich eine kleine Erkältung eingefangen und da wurde er von drei Leuten abgeholt, in ein Taxi gepackt und in ein Krankenhaus gebracht. Glücklicherweise konnte er wieder nach Hause, sollte jedoch zwei Tage nicht unterrichten. Bei uns riecht es seltsamerweise zeitweise stark nach Chlor. Hoffentlich erkälte ich mich jetzt hier nicht!

In den Apotheken sind die Masken ausverkauft und die Maskenpreise wurden festgesetzt, um Wucher zu unterbinden. Desinfektionsmittel wurde gefälscht, nicht desinfizierte Masken wurden ausgegeben,...

Vom Joint-Venture der Hochschulen bekamen wir ebenfalls Masken und zwei Masken hatte ich sowieso schon, also habe ich jetzt insgesamt vier unterschiedliche Modelle. Ansonsten lagen Informationsblätter bei uns aus.

Für die Maiwoche bleiben uns dann entweder ein paar Tage zu Hause oder eine Radtour zum Meer.

Apropos mehr, ich brauche mehr Webspace für meine Bilder!!! Ich habe noch Platz für ca. 20 Bilder und dann gibt es nur noch Texte. Falls also jemand etwas Webspace für mich hat, wo ich ein paar Bilder ablegen kann, nur her damit!!! 

 In den kommenden Berichten möchte ich etwas über das Gefühlsleben der Chinesen, die Verkehrserziehung und meine Arbeit bei SABS schreiben. 

Weitere Reiseberichte wird es vorerst wahrscheinlich nicht mehr geben und es kann sich kaum jemand vorstellen, wie sehr mich das wurmt, denn ich würde so unglaublich gerne nach Peking, Hongkong, Kunming, Tsingdao, Hangzhou, Wuxi, Xi´Nan und von der Weiterreise bis nach Singapur brauche ich garnicht erst schreiben. Hoffentlich nimmt das mit SARS und der Panik überall bald mal ein Ende. 

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