Der erste Monat

Kaum zu glauben, aber ich bin jetzt schon einen ganzen Monat in Shanghai.

Heute haben die USA und Großbritanien den Irak angegriffen, worüber heute bei der Arbeit auch am Rande gesprochen wurde. In der Kantine wurde gegen Mittag ein Fernseher eingeschaltet, auf dem die Nachrichten liefen, jedoch war der Ton so leise, daß niemand verstanden hat, was dort geschildert wurde. Bilder wurden, abgesehen von der Landkarte vom Irak, nicht gezeigt. Einige hatten Emails bekommen, aber insgesamt ist das Interesse an diesem Konflikt sehr gering.

Ich selbst bemerke, wie Nachrichten über Politik und weltweite Geschehnisse bei mir immer weiter in den Hintergrund rücken.

Die chinesische Sprache habe ich auch vor allem durch die Hilfe meiner Kollegen soweit gelernt, daß ich einige Sätze meiner Kollegen verstehe, wenn ich angesprochen werde und dann auch einfach antworten kann. Oft verstehe ich jedoch ein einzelnes Wort nicht und kann dann den Sinn des Satzes nicht erkennen. Nils und ich haben zusätzlich einen Studenten gefragt, ob er uns Unterricht geben kann und er wollte eine Freundin fragen, ob sie uns unterrichten möchte. Mein Schlüssel zur chinesischen Sprache ist, daß ich nie locker lasse und immer den Sinn hinter einem Ausdruck erfrage. Oft scheint es keine einfache Antwort zu geben, aber zum Beispiel "Student = Da xue sheng" läßt sich in Da (=groß) Xue (=lernen) sheng (=roh/nicht fertig) zerteilen. Also bedeutet "Da xue sheng": "groß und nicht fertig gelernt". So kann man direkt mehrere Worte gleichzeitig mit der entsprechenden richtigen Aussprache lernen, die man auch in anderem Kontext nutzen und auch zu neuen Worten zusammensetzen kann. Außerdem kann man sich auf diesem Wege die Worte besser merken.

Bei der Arbeit zieht sich viel hin, da alles, was ich benötige, bestellt werden muß. In den ersten Wochen habe ich sozusagen die meiste Zeit in Katalogen und Preistabellen herumgesucht, bis wir endlich ein paar Sachen bestellen konnten. Dann habe ich noch einen Teststand für Radsensoren optimiert und einen neuen Teststand konstruiert, der gerade von der Schlosserei angefertigt wird. Des Weiteren habe ich ein paar Schaltpläne gemacht und eine Berechnungstabelle für 8-Bit-DA-Wandler mit variablen Wertigkeiten in Excel geschrieben. Da mein schlechtes Chinesisch in einigen Bereichen ein großes Hindernis ist (Ersatzteillisten und Kataloge auf Chinesisch und Mechaniker, die kein Englisch oder Deutsch können) und ich mich in vielen Teilen der Firma, beziehungsweise der Werkstatt nicht auskenne, bin ich sehr oft auf fremde Hilfe angewiesen. Hierbei möchte ich mich noch einmal für die ausgesprochen große Hilfsbereitschaft meiner Kollegen bedanken.

Das Essen bekommt mir insgesamt sehr gut und es schmeckt mir noch immer sehr. Abends kaufe ich oft in den Garküchen auf der Straße Frühlingsrollen, Fleischspieße, Omelettes, gefüllte Knödel oder sonstiges, wobei man sich für Beträge zwischen 10 und 50 Cent schon ausreichende Mengen an Köstlichkeiten zulegen kann.

In Shanghai regnete es in der letzten Zeit sehr viel und auch die Temperaturen waren weit unter meinem Wohlfühlbereich, im Moment scheint jedoch die Sonne und es wurde deutlich wärmer.

Mit Nils verstehe ich mich prächtig und wir planen schon unseren weiteren Besichtigungen und die Reise durch Vietnam, Kambodscha, Laos und Thailand. Nach Peking werden wir einmal an einem verlängerten Wochenende fahren, dann stehen noch Hangzhou und Suzhou, wie auch weitere Städte auf dem Plan. Wir möchten einmal mit dem Transrapid fahren und dann gibt es noch einige andere Sehenswürdigkeiten. 

Wir überlegen außerdem, ob es sinnvoll/schaffbar ist, den Megkong-Fluß ca. 1000 Kilometer stromabwärts bis nach Ho Chi Minh-Stadt (Saigon) zu fahren, da dies auch fast genau unserer Reiseroute entspricht. Wir würden durch Laos, Vietnam, Kambodscha und auch teilweise durch Thailand fahren. Die großen Städte werden von den Schiffen sowieso angefahren und auch die Sehenswürdigkeiten sind oft in der Umgebung des Mekong. Wir würden außerdem fast keinen Umweg machen. Wir könnten auf keine Minen treten und wie schön die Gegend ist, wissen wir aus vielen Kriegsfilmen. Außerdem wäre dies ein kleiner Trost, daß ich in diesem Jahr nicht mit Nils W. und Alex auf der kleinen "Ann-Bonny" von Fehmarn nach Kopenhagen segeln werde. Die Strecke bis nach Hongkong werden wir wahrscheinlich dann mit dem Flugzeug überbrücken, da es auf dem Weg dorthin nicht sehr viele Sehenswürdigkeiten gibt und die Reise mit der Bahn bei nur etwas höheren Preisen ca. 48 Stunden dauert. 

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