Das zweite "richtige" Wochenende

    Den Freitag verbrachten wir mit Hannes, den ich auf dem Flug von Paris nach Shanghai kennen gelernt hatte. Der Abend sollte etwas ruhiger ausfallen, weil wir alle lange Arbeitstage hinter uns hatten und es zeichnet sich auch bei mir ab, dass der Freitag jeweils der "Ausruhabend" sein wird.

Am Samstag war dann nach den letzten Berichten, die ich noch zu schreiben hatte, Sightseeing angesagt.

Dieses Bild zeigt die "Neun Biegungen Brücke" und das Teehaus "Huxinting" in der bereits erwähnten Altstadt von Shanghai.

Diese Brücke ist wie übrigens alles hier nur ein Nachbau der eigentlichen Altstadt, die der Abrißbirne zum Opfer gefallen ist.

Sinn dieser Brücke ist es, dass die bösen Geister, die nur gerade Wege gehen können, einem nicht folgen können.

So, ich bin nun von allen "bösen Geistern" verlassen, also sind die Geister schuld, wenn ich jetzt nur noch Anständiges schreibe.

Das Wasser in dem Tümpel war übrigens eher eine braune Suppe und es scheint, als sei dieses Viertel nur aufgebaut, um Touristen auszunehmen.

Da wir unser Geld gleichmäßig über die Stadt verteilen wollen, gehen wir wieder zum Bund, um das Bundmuseum unter dem Platz der Helden zu besuchen, aber leider war dieses schon um 19h geschlossen!

Links kann man schon erkennen, wo es uns hinzieht,

aber vorher müssen wir uns noch einmal den Bund aus einer anderen Perspektive anschauen. Das rechte Bild wurde in der Nähe der russischen Botschaft gemacht. Unter dem Betonpfeilern rechts im Bild ist übrigens das Bundmuseum.

Um auf die andere Seite zu kommen, benutzen wir eine andere, geschickt platzierte Touristenfalle.

Wie schön und romantisch ist es doch, in Hamburg durch den alten Ebltunnel zu gehen, um auf die andere Seite zu kommen. Hier jedoch wird man in einen Glaswaggon verfrachtet, der durch einen seltsam belichteten Tunnel fährt. Das Ganze kostet als Retour-Ticket 40 Yuan, ein Taxi zur anderen Seite wäre deutlich günstiger geworden.

 

Rechts sieht man den Bund von der anderen Hunangpu Seite aus und wäre es nicht so kalt gewesen, hätten wir sicherlich noch etwas mehr Zeit hier verbracht.

Nach dem Blick auf den Bund machen wir uns auf, Pudong zu erkunden und so begeben wir uns durch diesen "Hochhauswald" in die "Super Brand Mall", einem Kaufhaus,  das man wie alles hier als "gigantisch" bezeichnen kann.

Dieses Kaufhaus stellt noch die anderen Kaufhäuser in der Innenstadt in den Schatten, die auch schon absolut atemberaubend sind. Wir wurden jedoch noch vom Hunger getrieben und gingen in ein Japanisches Restaurant, um mal etwas Abwechslung zur chinesischen Küche zu bekommen und das Essen war großartig (Für mich gab es gegrillten Lachs mit etlichen Beilagen und einer sehr leckeren Fischsuppe), der Service hervorragend und die Preise lagen unter denen einer drittklassigen Pizzeria in Deutschland. Am kommenden Samstag werden wir uns wieder hier einfinden, um im 9. Stock das Morcheeba Konzert zu genießen.

Zu den folgenden Bildern brauche ich eigentlich gar nichts mehr zu sagen:

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Zu dem Bild auf der rechten Seite gibt es dann doch noch etwas zu schreiben: 

Hier handelt es sich um den "Jin Mao Tower", dem dritthöchsten Gebäude der Welt mit dem höchsten Hotel der Welt (dem Grand Hyatt).

In den oberen Stockwerken dieses Hotels ist eine Cocktailbar, das "Cloud 9" und auf die hatten wir es abgesehen.

Wir werden im Erdgeschoß von Sicherheitsleuten abgefangen und zum Foyer des Grand Hyatts begleitet, von dort aus ging es erst einmal mit einem Aufzug 52 Stockwerke nach oben, wir mussten einmal umsteigen, um nur drei Stockwerke weiter in die richtige Hotelhalle des Grand Hyatt zu gelangen und von dort aus ging es hinauf in den 86. Stock des Hauses und von dort aus wurden wir von einer reizenden Dame, die uns darüber informierte, dass ein Mindestverzehr von 95 Yuan plus 15% Bedienung angedacht sind, ein weiteres Stockwerk höher an einen Tisch der wohl größten Bar, die ich je gesehen habe, verfrachtet. Das Ambiente ist sehr edel, Licht praktisch nur aus wenigen Kerzen vorhanden, damit man den Ausblick auf die Stadt genießen kann und der ist wahrlich atemberaubend.

Die Wolkenkratzer, die zuvor noch so riesig aussahen sind nur noch kleine Türmchen und wir rätseln, ob die Straße unter uns drei oder vierspurig ist.

Wir bekommen die Karte und ich bestelle einen "Sex on the Beach" für "gerade mal" ca. 6 Euro und als wir schon fast beschlossen hatten, mehrere Cocktails hier zu trinken, bekamen wir die, wäre da nicht der Montanushof in Grevenbroich, schlechtesten Cocktails aller Zeiten. Nach dem Cocktail steigen wir frustriert auf Bier um und ich träume von Collins "Swimming Pool" in der Nouri Bar. Das Bier jedoch ist OK, wenn auch etwas teuer.

Naja, diese komische Lichter-U-Bahn hatte bereits für heute den Betrieb eingestellt und bei der Metro werden wir ein weiteres mal überrascht, denn die fährt auch nur bis ca. 23h.

Zum Glück ist das Taxifahren so günstig und so lassen wir uns in eine Parallelstraße zu unserem Campus bringen. 

Wir suchen zunächst die "Tequila Mama Bar", einer mexikanischen Bar, die im Marco Polo empfohlen wurde, aber über den Marco Polo habe ich schon einiges geschrieben, also gehen wir, nachdem wir die Bar nicht gefunden und es uns nach der weiteren Erkundigung zu weit war, in die Maoming Lu, in der wir schon vor einer Woche gefeiert hatten.

Die "Windows Bar" schockt uns dieses mal. Die Gäste sind entweder alte Beamte mit Schnäuzer, die sich eine kleine Chinesin angeln wollen oder eben sehr junge Chinesen, die auf den Kinderpop der 90er Jahre stehen. (DJ Bobo, Britney Spiers, Ace of Base,...) Zwei Bier, weil die Bar dann doch relativ günstig, ist und wir gehen ins "Amber".

Das Ambiente ist sehr angenehm, das Publikum hauptsächlich westlich gemischt, die Drinks sind OK und nur geringfügig teurer als in der "Windows Bar". Gespielt wird etwas zwischen "Mojo Club Dancefloor Jazz" und dem "Jazz for Lovers". Ich fühle mich wie im Mandarin mit der Musik aus dem Mojo.  Mich reißt die Musik vom Hocker, Nils lässt sie jedoch ziemlich kalt.

Insgesamt können wir zu diesem Abend nur fragen, wo das großartige Nachtleben von Shanghai ist, von den wenigen Bars und Clubs, die wir bisher gesehen haben, waren die meisten nur Touri-Fallen und/oder sehr teuer.

Da die meisten Chinesen, die wir kennen, nicht oder nur sehr wenig ausgehen, sind sie auch nur bedingt eine Anlaufstelle für Anfragen bezüglich des Nachtlebens, aber wir haben ja noch viereinhalb Monate in Shanghai.

Am Sonntag haben wir wieder einen Rundgang gemacht, nachdem wir hier heute Mittag in der Mensa live den Grand Prix in Melbourne angeschaut hatten. (Na, wer ist dafür in Deutschland aufgestanden?)

Wir wollten uns in einen Park setzen und etwas die Frühlingssonne genießen und dafür hatten wir uns etwas Verpflegung eingepackt.

2 Yuan Eintritt und es boten sich wieder recht seltsame Anblicke: Es wurde an einem winzigen Tümpel geangelt, an zwei weiteren, badewannengroßen Teichen saßen etliche Kinder, die mit einer ca. einem Meter langen Stock kleine Fischchen aus dem Wasser zogen, um die dann in ein kleines Aquarium zu stecken, das sie dabei hatten.

Nils und ich haben uns dann auf diese Bank gesetzt, um etwas zu chillen. Vor uns haben einige Chinesen Gymnastik gemacht. Bei dieser Gymnastik bewegt man sich wie bei einem Kampf gegen viele Gegner, jedoch bewegt man sich extrem langsam. Bei den älteren Herren und Damen vor uns sah das sehr elegant ein und dabei waren noch die einzelnen Bewegungen einstudiert und sie wurden synchron ausgeführt.

Als wir da so saßen und ich einen Kakaotest an drei gekauften Kakaosorten durchführte, bei dem übrigens alle Kakaosorten gnadenlos durchfielen, kam ein älterer Herr in ärmlicher Kleidung daher, der uns auf fließendem Englisch ansprach.

Man kann sagen, dass er die KP abgrundtief hasst. Wir unterhielten uns mindestens eineinhalb Stunden über sein Leben und die Partei. Er erzählte, dass er Schiffbauingenieur sei und als die KP 1949 an die Macht kam, verlor er seinen Job. Er hatte eine Scheidung hinter sich und beim "Großen Sprung nach Vorn" (Ich komme später noch einmal darauf zurück) verhungerte seine ganze Familie. Ihm wurde 5 Jahre kein Lohn gezahlt. Seit dieser Zeit, so meinte er, wurde er unterdrückt und ausgenommen. Er wurde ausgesiedelt und lebt jetzt in einem Vorort, der mit dem Fahrrad eine Stunde entfernt sei.

Englisch hatte er sich über die Jahre selbst beigebracht und die Sprache lernte er von einem amerikanischem Sender, den er über Mittelwelle empfangen kann.

Zähne hatte er fast keine mehr und zum Zahnarzt wollte er nicht, da ihm dann ein Virus gespritzt würde.

Als neben uns Fotos gemacht wurden, hielt er sich die Hand vor die Augen, erzählte aber weiter.

Er muss anscheinend mit sehr wenig Geld auskommen (weniger als 800 Yuan), während die Bosse der KP in Geld schwimmen würden.

Weltpolitisch war er ausgesprochen gut informiert, jedoch pochte er gegen Steuern und politische Maßnahmen, die bei uns ähnlich gehandhabt werden, mit dem einzigen Unterschied, dass wir unsere Regierung abwählen können. Er sah nicht ein, dass man eine Grundstückssteuer bezahlen muss, auch wenn einem das Haus gehört, das darauf steht.

China würde nur die ganzen Ingenieure und Wissenschaftler in das Land locken, um deren Technik zu stehlen, was eigentlich ja auch jedes Land so machen würde. Außerdem sei "Sony" ebenfalls in diese Intrige verwickelt, da die sein altes Radio nicht reparieren, sondern ihm ein neues andrehen wollten, das keine Mittelwelle mehr hat, mit dem er den Sender aus den USA empfangen kann. Wenn man ihm Glauben schenken darf, sind elektronische Geräte für Chinesen deutlich teurer als für Ausländer, da das Land dumm gehalten werden soll. (Elektronische Geräte sind hier tatsächlich relativ teuer.)

Andere ausländische Ingenieure und Wissenschaftler würden mit hübschen Mädchen belohnt.

Dass es während der Kulturrevolution verboten war, fremde Sprachen zu lernen, wussten wir, er meinte jedoch, dass es noch immer so sei und als wir meinten, dass hier in der Universität alle Studenten Englisch oder Deutsch lernen, erwähnte er, dass die Eltern der Studenten Angehörige der Partei sind.

Er verwies ebenfalls auf die "Computer-Inder", die eine Informationstechnologie aufbauen, um die Chinesen noch besser zu bewachen. Als wir erwähnten, dass in Deutschland auch viele Inder einen Job in der Computerbranche bekommen hatten, wurde er etwas stutzig, ließ sich jedoch von nichts abbringen.

Diese Universität erhebt relativ hohe Studiengebühren und "Aufnahmetests" gibt es ebenfalls, was ich hier einmal unkommentiert lassen will. Ich hörte, dass es einmal in der Woche eine "politische Schulung" gibt. Jedoch haben auch die Studenten hier ausgezeichnete Computerkenntnisse und sogar teilweise eine DSL-Flatrate. (Naja, ins Ausland dauert das dann auch wieder etwas länger, aber das hatte ich ja schon beschrieben)

Danach gingen wir noch auf den Markt, um ein paar Sachen zu kaufen und nach dem Anblick einiger Tiere war ich schon fast Vegetarier.

Als wir nach den Verkaufsbuden für Klamotten auf den "Lebensmittelmarkt" kamen, sahen wir vor uns mehrere große Säcke, die eigentlich nicht auffallen würden, wenn sie sich nur nicht bewegt hätten.

Es waren anscheinend Fische in großen Wasserschläuchen.

Einige Fische langen noch atmend auf der Theke, nachdem ihnen das Hinterteil abgeschlagen wurde. Die Fische wurden, wenn sie beim entschuppen noch zu zappelig waren, einfach auf den Boden geschmissen, die Enten waren anscheinend betäubt worden, denn sie saßen zusammengekauert auf der Theke und außerdem sahen wir hier auch Aale, die in kleinen Bottichen auslagen.

Hühnerfüße gab es auch und die ganzen anderen Kleintiere kann ich gar nicht aufzählen.

Danach ging es auch noch einmal über den "normalen" Markt, um günstige "Originalware" mit "Special Prices just for you" zu kaufen.

Letzte Woche hatte ich mir einen "Original Diesel Pulli von etwas über 20 Euro auf etwas unter 10 Euro heruntergehandelt und wenn er nicht die gute Qualität hat, er wärmt mich an den kalten Tagen und ich finde, er steht mir hervorragend.

DVDs sind hier natürlich auch "Original" und selbst wenn die Filme noch nicht mal im Kino angelaufen sind, kosten die DVDs immer so um einen Euro. Bisher habe ich allerdings einen Ausschuss von ca. 20%. Mir wurde jedoch versichert, dass ich die DVDs umtauschen kann, na, da bin ich ja mal gespannt! Morgen werde ich dort wahrscheinlich noch einmal vorbeigehen!

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