Japan

Ich Glückspilz,... 

In der letzten Woche durfte ich mal wieder etwas reisen. Dieses mal stand Japan auf dem Plan. Ein paar Mails geschrieben, Flug gebucht und ab ging es. Der erste Eindruck war getrübt. Wie man es sich in der heutigen Welt vorstellt, wollten die Chinesen keinen raus- und die Japaner keinen reinlassen. Zumindest nicht ohne Formulare und viel Ansteherei. In Shanghai stand ich für jeweils eine halbe Stunde in zwei Schlangen, bevor ich auf dem scheinbar letzten Drücker das Flugzeug erreichte. Dies mußte dann aber noch auf die vielen anderen warten, die in den beiden Schlangen standen. Der Flug war OK, aber die Landung war furchteinflößend. Das Flugzeug wär fast mehrmals links und rechts mit den Flügeln auf dem Boden aufgeschlagen. Als sich die Lage dann beruhigt hatte, war der Pilot anscheinend so verwirrt, daß wir eine Dreiviertelstunde auf dem Rollfeld herumgefahren sind, bis das richtige Gate gefunden war. Tja, wie gesagt, wieder mußte ich Formulare ausfüllen und anstehen. Da ich noch nicht wußte, wo ich übernachten werde, hat die (freundlich lasse ich hier mal weg) Dame ein Zimmer in einem Gästehaus für mich reserviert. Am einzigen internationalen Geldautomaten am Flughafen war dann wieder eine Schlange und als ich dann endlich Geld hatte, mußte ich mich für eine der U-Bahnlinien entscheiden.

Das war schon ein ganzer Tag, aber zum Glück war ich Abends mit Keiko, meiner damaligen Tauchlehrerin und ihren Freundinnen verabredet. Die haben mir dann erzählt, daß es am Nachmittag das größte Erdbeben seit Jahren gegeben haben soll. Na, prima. Ich saß in der U-Bahn und habe es nicht bemerkt, weil die Bahn ja sowieso dauernd wackelt. Ich hatte mich nur einmal sehr gewundert, warum die Bahn beim Halt in einer Bahnstation so sehr schaukelt. Tja, Japan.

Später traf ich dann Takashi (oben rechts), den Freund von Keiko und wir spielten Samstagnachts um 3h nach ein paar Bier noch Baseball am Wurfautomaten.  

Danach zeigte mir Takashi meine neue Unterkunft. 

Jeder weiß, daß Japan eines der teuersten Länder und Tokio eine der teuersten Städte ist. Takashi hat eine Firma direkt in Shinjuku, dem Business- und Partyzentrum Tokios und dort durfte ich auf einem Feldbett schlafen. War recht bequem und super gelegen. Da ich auch den Schlüssel bekam, konnte ich kommen und gehen, wann immer ich wollte.

Erst einmal habe ich am nächsten Tag die Gegend erkundet und nach den Strapazen am Flughafen  wurde ich zum echten Japan- Fan. Kein Lärm, keiner hupt, alles sauber, die Leute lachen einen in Geschäften richtig an, es gibt alles, was das Herz begehrt und die Luft war sogar richtig gut.  

Links seht ihr übrigens eine Raucherecke. Seltsamerweise gab es (fast) keine Straßenschilder und wenn, dann waren die nur auf Japanisch. 

Wegen jeder Kleinigkeit mußte ich jemanden um Hilfe bitten und meist konnten die dann kein Englisch. 

Die Metro in Shinjuku ist auch mehr als nur verwirrend. Es gibt innerhalb weniger hundert Meter mindestens 5 Metrostationen von vielleicht drei oder vier verschiedenen privaten Bahnfirmen. Das macht die Orientierung wirklich nicht leichter. Somit habe ich damit angefangen, womit ich in Shanghai aufgehört hatte, und orientierte mich wieder nach Hochhäusern. Und die gibt es auch in Tokio reichlich.

Nun stellt Euch vor: in Tokio gibt es nur Männer mit schwarzen Anzügen. Überall! Unglaublich. Eine riesige Klonarmee. Morgens und Abends sind stehe ich mitten in einem Ameisenhaufen und die Ameisen um mich herum tragen alle schwarze Anzüge. Anzüge sind in Tokio sowieso ein Phänomen. Ich glaube, ich war fast der einzige, der ohne Anzug auf den Straßen zu sehen war. Irgendwie war mir schon fast mulmig zu Mute. Faszinierend finde ich auch, daß viele Jugendliche ebenfalls Anzüge tragen, die ich von der Frisur her eher eher in ausgewetzte Skaterklamotten stecken würde. Auch Abends laufen die Jungs fast nur in Anzügen rum. Außerdem laufen nur wenige Frauen durch die Straßen. Auch in den U-Bahnen war der Männeranteil in Anzügen etwa bei 90%. Männer ohne Anzüge vielleicht 5% und Frauen vielleicht ebenfalls 5%.

Vielleicht übertreibe ich hier, aber es war wirklich auffallend. Apropos Metro: Es wird nicht in der Metro telefoniert! Es ist richtig still da. Natürlich spielen einige mit den Multimediahandys, aber alles tonlos. Die Leute flüstern fast nur, wenn sie miteinander reden. Das sollte ich mal hier in China verbreiten. 

Bei diesem Restaurant mußten wir draußen warten, bis wir einen Platz bekommen haben. (Nicht MC D!)

In der Umgebung gab es auch einen kleinen Friedhof:

Abends ging es dann noch zum Hafen. Keiko, Takashi, ich und rechts ist das Fuji-Broadcast-Gebäude.

Die "Regenbogenbrücke"

Das Elektronikviertel. Wär fast dem Kaufrausch verfallen. Habe mir aber nur einen MP3-Player mit 5 GB Flash-Speicher (!!) gekauft. Bin noch immer begeistert und kann mich garnicht satt hören. Habe mir auch die passenden Kopfhörer gekauft und kann nun, annähernd abgeschirmt von dem Lärm der Shanghaier Straßen auf meinem Fahrrad fahren und die Musik genießen. Nein, Mama, gefährlich ist das nicht. Zumindest nicht gefährlicher als sonst. Ich versuche sowieso, Lärm jeder Art zu ignorieren, aber das klappt nicht so gut. Nun bin ich auch im Straßenverkehr deutlich entspannter.

Ich bin hier gerade in Ueno, einem Stadtviertel mit einem riesigen Park. Eigentlich wollte ich in das Nationalmuseum, das auf dem Bild unten hinter mir ist, aber da Montag war, waren die ganzen Museen geschlossen. Na, beim nächsten mal. 

War aber trotzdem ganz glücklich hier! Ratet mal, woran ich in dem Augenblick gedacht habe! ;-)

Ja, danach war ich in Tokio in Tokio. Verwirrend? Tokio ist eine Gegend im Stadtzentrum. Tokio heißt auf Chinesisch DongJing (Vergleich BeiJing=Peking)

Das bedeutet lediglich Östliche Hauptstadt. Früher, als noch Kyoto die Hauptstadt war, hieß Tokio übrigens Edo (Edo-Periode). Erst nach der Shogun Zeit wurde die Hauptstadt nach Edo, oder eben nun Tokio verlegt. 

Unten ist übrigens ein Bild vom Platz vor dem Palast.       Die Brücke rechts ist der Eingang zum Palast

Die Parks in Tokio sind eine Pracht. Echte alte Bäume, man darf auf den Rasen und Picknicks sind angenehm. Das alles geht in Shanghai (noch) nicht. Na, warten wir hier noch mal 20 Jahre, dann gibt es das in Shanghai bestimmt auch.

Ein paar Bilder vom 45. Stock des Metropolitan Centers in Shinjuku:

Tokio-Shinjuku bei Nacht:

Sonnenaufgang in Tokio um 6h morgens

Nicht nur die Chinesen machen gute Kopien!

Etwas anderes faszinierendes ist der Hygienefanatismus in Japan. Alles ist sauber. Alles? Daß man beim Betreten von Wohnungen die Schuhe auszieht und Hausschuhe bekommt, mag ja noch halbwegs normal sein. Aber oft gibt es für verschiedene Räume unterschiedliche Schuhe. Generell stehen vor privaten Toiletten und Waschräumen Sandalen, die man nur zum Betreten dieses Raumes benutzt. Na, in China kann man ja oft meinen, daß das Sinn macht, aber in Japan könnte man selbst in einigen Toiletten vom Boden essen. (Naja, will das aber doch lieber nicht ausprobieren.)

Die Toilette oben links hat übrigens eine, für Japan ganz normale Standardausführung: Beheizter Sitz, Hinterndusche mit zwei verschiedenen Sprühformen, ein Föhn(!) und noch einen Knopf, den ich nach einem zunächst nassen, dann halb verbrannten Hintern nicht mehr ausprobieren wollte. In einem Geschäft habe ich mal eine Luxustoilette gesehen. Die hatte auf beiden Seiten Bedienelemente mit verschiedenen Displays. So viele Knöpfe hatte nicht einmal Kapitän Jean Luc Picard beim Raumschiff Enterprise.

Noch etwas seltsames sind die Spielhöllen. Ja, es sind richtige Höllen. Bei einem Höllenlärm werden schaufelweise diese kleinen Kugeln oben in den Automaten reingeschmissen. Die Dinger fallen dann unten wieder raus und der Spieler schmeißt sie direkt wieder oben in den Trichter.

Ich verstehe die Japaner nicht. 

Essen kann man in Japan übrigens auch. Sehr lecker sogar. Sushi dürfte ja bekannt sein. In dem Restaurant unten haben wir aber gegrillt. Was genau das immer war, was da auf dem Grill lag, weiß ich nicht und ich will es auch nicht wissen, aber es war lecker. Allerdings ist Essen sehr teuer. In diesem Restaurant haben wir mit 5 Leuten etwa 300 Euro gelassen. Dabei ist dies noch ein Restaurant der alltäglichen Mittelklasse.

In einer Sushibar haben wir pro Kopf sogar einmal noch mehr Geld gelassen. WHUAAAAAAAAHHHHH! Ich habe mein gesamtes fünfmonatiges Praktikumsgehalt aus Shanghai mit einer Woche in Japan verbraten!

Naja, das Geld habe ich bei der Unterkunft gespart und bald bin ich mit dem Studium fertig und verdiene genug, daß ich mir darüber jetzt keine Gedanken machen sollte.

Na, meine Damen (oder vielleicht Herren???), wie wär es mit diesem Gigolo Service? So etwas hatte ich bisher auch noch nicht gesehen. Tja, was es in Japan nicht alles gibt? 

Etwas, was mich an Japan ein wenig geschockt hat, ist die unglaublich hohe Zahl der Obdachlosen. In den Parks stehen verschiedene Zelte und da sitzen die Leute teilweise mit Handy und anderem Elektronikkram rum. Die Wohnungen in Japan müssen wirklich sauteuer sein. Auch die Wohnungen von Takashi und Keiko waren zwar sehr gut ausgestattet, aber wirklich winzig.

Die folgenden Bilder sind jeweils an ganz unterschiedlichen Orten aufgenommen worden. Erst Ueno, dann Shinjuku Groen, Unterführung beim Metropolitan Center und dann beim Bahnhof Shinjuku um 5.30h morgens.

Nun fragt ihr Euch sicherlich, was macht der Jan so früh morgens auf der Straße? Ihr wißt, ich reise mit einem Studentenbudget, was heißt, daß ich auf das Geld achten muß. Deshalb nutzte ich die Gelegenheit, in Takashis Büro zu schlafen und außerdem fuhr ich nicht mit dem Shinkansen ("Gewehrkugel-Zug") nach Kyoto, sondern mit dem Nachtbus. Der fuhr Abends um 11h ab und ich kam um kurz nach 5h morgens in Kyoto und auch drei Tage später in Tokio an. Damit hatte ich nicht nur einen deutlich günstigeren Transport, sondern ich konnte noch zwei Übernachtungen sparen.

Ab hier: Bilder aus Kyoto

Kyoto ist richtig schön. Viele Parks, Museen, Paläste, Tempel und dennoch eine richtige Innenstadt. Hier ließe es sich auch leben. Dummerweise hat es den ersten Tag pausenlos geregnet und erst am zweiten und dritten Tag hatte ich viel Sonnenschein.

 Im Gästehaus habe ich dann auch mein Bett auf dem Boden bezogen. Dort habe ich direkt viele nette und interessante Leute kennengelernt, von denen Ihr gleich noch ein paar Bilder sehen werdet:

 Vertretene Nationen: Japan, Holland, Indonesien, England und Deutschland.

Wir hatten einige Tempel, wie zum Beispiel den Goldenen Tempel besucht und danach haben wir uns einen Steingarten angesehen. Ich fand den so langweilig, daß ich lieber Bilder von den Betrachtern gemacht habe. Die sitzen dann stundenlang da und starren auf die Steine. Eric meinte, daß der Garten Emotionen wecken soll. Ich hatte einfach nur Lust, in den Garten zu springen und mich mitten in die Steinwüste zu legen. Das hätte ganz sicher bei den Japanern Emotionen geweckt.

 Dann waren Amelia und ich noch im Theater. War viel zu teuer für das, was die geboten haben. Dann könnt ihr noch Bilder von meiner Unterkunft in Kyoto sehen. Tja, die (vielleicht) billigste Absteige in ganz Japan.

Dann stand aber wieder Kultur auf dem Plan. Unten sind ein paar Bilder von der Burg (Ich glaube man kann das so nennen) und von ein paar bezaubernden Japanerinnen und mir. Danach gibt es noch Bilder vom alten Palast in Kyoto.

Der Palast ist riesig, aber auch nur rekonstruiert. Wie so viele alte Bauten sind auch die Paläste und Tempel dem Bombardements des zweiten Weltkriegs zum Opfer gefallen. Zum Abschluß meines dreitägigen Ausflugs nach Kyoto gönnten Amelia und ich uns noch ein Bad in dem "Onsen", einer Art Dampfbad. Traditionell ist das getrennt nach Mann und Frau und somit mußte ich mich von Amelia für eineinhalb Stunden verabschieden. Das Bad tat mal wieder richtig gut und auch hier wird die Hygiene groß geschrieben. Nur dumm, wenn man die japanischen Zeichen nicht lesen kann. So habe ich unauffällig gewartet, bis jemand in das Bad kam und ich habe einfach nachgemacht, was er tat. Ich mußte auch dort wieder einmal feststellen, daß die Japaner ganz schön direkt sein können und auch gerne mal eine Möglichkeit ergreifen, ihr zumeist schlechtes Englisch zu verbessern. So habe ich mich sehr viel unterhalten und ich mußte mir zum zehntausendsten mal anhören, daß Beckenbauer ein guter Fußballer gewesen sein soll. Ja, auch Oliver Kahn kommt aus Deutschland. Egal, es war ein schöner Abend. Jetzt habe ich auch wieder Lust auf so ein Bad. Abends ging es wieder mit dem Bus nach Tokio und darüber hatte ich oben schon etwas geschrieben.

Interessant finde ich auch, daß Japan viel stärker die Kultur pflegt als China. Viel kam damals auch China und während sich in China viele unterschiedliche kulturelle Richtungen entwickelten, die dann leider fast komplett unter Mao und Co. zerstört wurde, haben die Japaner die Kultur nie verdrängt und viel mehr weiter gepflegt. In Kyoto sieht man nicht nur häufig Menschen in traditionellen Kleidern, sondern gelegentlich sogar noch echte Geishas. Geishas sind keine Prostituierten, sondern Damen, die die Herren traditionell umsorgen, in dem sie Gerichte und Getränke servieren, singen und musizieren. Nun könnten die Emanzen wieder schreien, aber die Geishas werden dafür richtig gut bezahlt. Dies ist keine Touristenattraktion. Im Gegenteil. Geishas und die Herren, die sich den Service leisten, wollen meist unerkannt bleiben.  

Insgesamt hatte Japan viel mehr Ähnlichkeit mit Deutschland als mit China.  Zugegebenermaßen haben die Japaner optisch Ähnlichkeiten zu den Chinesen. Auch sollte man meinen, daß Tokio und Shanghai als Metropolen in Ostasien in irgend einer Weise ähnlich sein sollten. Sind sie aber nicht. Die Mentalität ist ganz anders und die Kulturen sind sich so fremd wie die Deutsche und die Arabische Kultur. 

Shanghai ist dem Westen gegenüber sehr offen und überall findet man sich als Europäer zurecht. Japan hat eine eigene starke Kultur, die es anscheinend nicht nötig hat, sich in dieser Weise dem Westen zu öffnen; ist deshalb aber nicht weniger erfolgreich.

Mir hat Japan zumindest richtig gut gefallen und dort bin ich nicht zum letzten mal gewesen.

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